Quantcast
Channel: der Fizz Ȇberwachung
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2

Meine Rede zum #idp13 in Dortmund

$
0
0

Heute ist Internationaler Tag der Privatsphäre.

Schön das ihr alle trotz der Kälte hier seid und der Welt zeigt, wie wichtig dieses Thema ist.

Ich möchte gern zunächst eine andere Seite beleuchten, nämlich die des sozialen Miteinanders in der digitalen Welt.

Auch dort spielt die Privatsphäre immer mehr eine Rolle, und nicht immer haben wir die Kontrolle darüber oder wissen, was da gerade tatsächlich mit unseren Daten passiert.

Nehmen wir mal das Beispiel Facebook heraus. Facebook hat weltweit über 1 Milliarde Mitglieder und wächst immer noch. Natürlich, man kann dort mit Freunden auch über Ländergrenzen hinweg in Kontakt bleiben, sie an seinem Leben teilhaben lassen. Nicht zuletzt hat die Vernetzung durch Facebook eine große Rolle im arabischen Frühling gespielt.

Es ist wichtig.

Dort gibt es Privatsphäre-Einstellungen. Man kann einstellen, das die Bilder die man veröffentlicht, nur Freunde oder Bekannte sehen dürfen.

Schön und gut. Aber ist das so? Nein.

Das ist Grundverkehrt, und das wissen die wenigsten Facebooknutzer. Wenn ein Freund einfach die URL eines Bildes kopiert, kann er es beliebig weitergeben. Auch ohne überhaupt in Facebook eingeloggt zu sein. Die Bilder werden außerdem in den USA gespeichert, niemand kann sagen wo das alles landet und wer sich das anschaut. Deshalb ist es wichtig, auch diejenigen Menschen zu erreichen und aufzuklären, die nicht so viel Ahnung von Technik haben. Nur ein aufgeklärter Benutzer kann sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung voll wahrnehmen.

Was Facebook dort an Sicherheit vorgaukelt, ist schlicht eine Lüge.

A propos informationelle Selbstbestimmung. Wir haben es in diesem Zusammenhang mit einer weiteren Problematik zu tun. Dem Kontrollverlust.

Michael Seemann, besser bekannt als mspro, beschäftigt sich schon eine ganze Weile mit dieser Problematik. Auf seiner Seite CTRL minus Verlust dot net finden sich dazu interessante Beiträge.

Sobald man seine eigene Wohnung verlässt und über die Straße läuft, geht man das Risiko ein, das Daten über einen in die Welt hinausposaunt werden ohne das man jemals danach gefragt wurde.

Ihr kennt das. Lustige Partyfotos wandern heutzutage nicht mehr in die Schublade oder ins Album, sondern werden irgendwo hochgeladen und geteilt. Am besten noch mit Namensnennung und Gesichts Tagging. Man selbst kann dann höchstens noch höflich darum bitten, das die Bilder wieder entfernt werden. Wenn man das gerichtlich durchsetzen will, naja, einfach mal Frau Streisand fragen was dann so passiert.

Deshalb ist es eminent wichtig, nicht nur auf seine eigene Privatsphäre zu achten sondern auch auf die seiner Mitmenschen. Kein unbedachter Schnapschuss, der deinem gegenüber Probleme bereiten kann, darf auch nur ansatzweise ins Netz. Smarthpones zum Beispiel laden heutzutage ihre Fotos und Videos automatisch in irgendeine Cloud hoch, die Gott weiß wo steht. So komfortabel und praktisch das ist, bedenkt immer was ihr da tut.

Eine ganz andere Nummer ist hingegen das, was der Staat tut. Darauf hat letztlich niemand Einfluss. Bislang konnten wir uns immer darauf verlassen, das der Staat und seine Büttel schlicht und ergreifend zu dämlich waren die eigenen Allmachtsphantasien umzusetzen. Und jetzt soll INDECT kommen. Eine Flächendeckende Überwachung, Computergesteuert. Anhand „auffälliger Verhaltensweisen“ soll ein Computer darüber entscheiden, ob eine Bedrohung vorliegt oder ein Verbrechen geschieht. Weiterhin werden Überwachungsvideos automatisch mit Daten aus sozialen Netzwerken abgeglichen und verknüpft.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Das erinnert sicher nicht nur mich an den Film Minority Report. Dort hat die Abteilung „precrime“ ebenfalls zukünftige Straftäter gefasst und verurteilt, bevor sie die eigentliche Tat begehen konnten. Möglicherweise begehen. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon so genau.

Und das bedeutet nichts anderes als die Aufhebung der Unschuldsvermutung. JEDER wird überwacht, JEDER ist ein potentieller Verbrecher. Und wehe in den sozialen Netzwerken wird dein Bild dann noch mit Alkoholexzessen, Drogenmissbrauch oder sonst was verdächtigem in Verbindung gebracht.

Deshalb die Einführung, der erste Teil meiner Rede. Wenn wir es nicht schaffen sollten, diese Totalüberwachung zu verhindern, so müssen wir ihr wenigstens das Wasser abgraben. Und das, liebe Leute, liegt allein in unserer Hand. Wenn diese Dystopie INDECT tatsächlich einmal finstere Realität wird, dann liegt es an uns das mit zivilem friedlichem Widerstand zu sabotieren. Stellt euch mit einem Schlapphut und einer Aktentasche in die Fußgängerzone. Schaut dabei ständig zur Uhr. Lauft unvermittelt und ohne Grund los, in Gruppen am besten. Inszeniert eine Verfolgungsjagd. Lasst Taschen mit flauschigen rosa Plüschhasen irgendwo stehen.

All das wird das System verwirren. Fehlalarme auslösen. Und irgendwann werden die Verantwortlichen entnervt aufgeben und feststellen, das ihr technischer Überwachungsstaat nicht funktioniert hat. Dann werden sie kleinlaut INDECT wieder einstampfen, hoffentlich für die nächsten Jahre gelernt haben und kein neues Schreckgespenst der Totalüberwachung aus dem Hut ziehen

Nachtrag: Es gibt eine Aufzeichnung der Rede

The post Meine Rede zum #idp13 in Dortmund appeared first on der Fizz.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 2

Latest Images

Trending Articles





Latest Images